Nicht nur Bäume umarmen: «Die Natur bietet für jedes Problem eine Lösung»
Agatha Baumgartner bietet auf dem Bözberg seit 2019 unter anderem «Waldbaden» an, um Leuten zur inneren Ruhe und zur Natur zurückzuhelfen. Warum es dabei nicht nur darum geht, Bäume zu umarmen und wieso sie sich nicht als «Esoterikerin» bezeichnen würde.
Das alte Gemeindehäuschen auf dem Bözberg strahlt auch an diesem regnerischen Nachmittag in hellem Gelb. Hier beginnen alle von Agatha Baumgartners Kursen, die sie im Rahmen ihres Angebots «Soulness» zur Verbindung mit der Natur und der inneren Ruhe anbietet. «Wellness für Körper, Geist und Seele», erklärt die dynamische 59-Jährige. Ausgerüstet mit Wanderschuhen und Regenmantel geht es zu einer Demonstration ihrer Prinzipien nun Richtung Wald.
Über den Feldweg bei allmählich zunehmendem Regen, es herrscht keine Eile, geht es über Wiese und Feld gen das dunkle Grün. «Den zehnminütigen Weg zum Wald legen wir während des Kurses in etwa zwei Stunden zurück», erklärt die Natur-Coachin. Dies ganz bewusst: Es geht darum, die eigene Wahrnehmung zu schulen und die Umgebung mit allen Sinnen wahrzunehmen. «Was fühle ich??», „Wie nehme ich den Boden oder die Umgebung wahr“? sind Fragen, die Agatha Baumgartner dann häufig stellt. «Das geht ganz ohne be- und verurteilen. Nicht wertend, nur wahrnehmend.»
Stereotypen greift sie gerne gleich zu Anfang auf. «Die Leute denken beim Begriff «Waldbaden» immer gleich ans Bäume umarmen», führt sie fort und schmunzelt. Der Fokus sei jedoch ein anderer: «Es geht um Achtsamkeit, darum, die Verbindung zur Natur zu stärken. Die Leute können einfach spüren, das fällt ihnen leicht», erklärt sie.
Über Umwege zur Ruhe gefunden
Die heilende Wirkung der Natur ist auch wissenschaftlich bewiesen, so Baumgartner, und greift auf Studien sowie ihre eigenen Erfahrungen zurück. «Von einer Baummeditation können die Leute den Rest des Monats profitieren.» Der regelmässige Kontakt mit der Natur, nur wenige Stunden in der Woche, verbessern die Gesundheit, Konzentration und sind gut für die Psyche. Auch sie selbst fand ihre Ruhe in der Natur wieder.
Als tatkräftige Unternehmerin packte Agatha Baumgartner in ihrer Karriere so einiges an: Nach der landwirtschaftlichen Ausbildung absolvierte sie diverse Weiterbildungen, eine kaufmännische Lehre, arbeitete etwa als diplomierte Bankfrau, Ewachsenbildnerin, IT-Projektmanagerin und gründete später ihre eigene Consulting Firma . Nebenbei arbeitete sie auch in der Software Firma ihres Mannes. «Es wurde schwer, Zeit für mich zu finden», erinnert sich die zweifache Mutter. Ein Burnout gab schliesslich den Ausschlag für einen Karriereumschwung.
«In der Burnout-Behandlung verbrachten wir viel Zeit in der Natur. Ich musste wieder lernen, dass es wichtig ist, Momente für sich selbst zu schaffen.» Den wiedergefundenen Draht zur Natur hat sie seither, mit reduzierter Arbeitslast, dafür aber ihrem eigenen Start-Up, täglich gestärkt.
Inspiriert durch einen Flyer reservierte sie sich den Namen «Soulness» für ihr persönliches Projekt, welches sie 2019 als frisch diplomierte Stress- und Achtsamkeitstrainerin anriss. Ihr Ziel: «Erfahrungen teilen und den Leuten Tools geben, die sie selbst anwenden können, um Ruhe und Klarheit in den Alltag zu bringen.» Mehr Informationen zu ihrem Angebot von Frühling bis Herbst finden sich unter www.soulness.ch
Wenn Bäume Trost und Kraft spenden
Im tieferen Kern des «Waldbadens» liegt jeweils auch die Verarbeitung persönlicher Anliegen. «Manche Teilnehmende kommen mit einem Problem oder Anliegen zu mir, andere realisieren erst während oder nach der Session, warum sie den Kontakt zur Natur gebraucht haben.» Baumgartners Aufgabe ist es, ihren Besucherinnen und Besuchern die richtigen Orte zu vermitteln, herauszuspüren, welchen Baum sie brauchen.
«Jeder Baum hat andere Qualitäten. Die Eiche etwa, massiv und hochgewachsen, spendet Kraft, die Weisstanne mütterlichen Schutz oder die Buche eignet sich sehr gut um das Gedankenkarussell zu stoppen.» Ansonsten hält sie sich zurück: «Waldbaden ist ruhig, das macht jeder für sich.» So versucht Baumgartner, auf jede Person einzeln zuzugehen. «Manche können selbst spüren, was sie brauchen, andere sind froh um etwas mehr Begleitung.»
Uns führt Agatha Baumgartner zu ihrem Lieblingsplatz. Einer Lichtung, deren Eingang von zwei massiven Eichengerahmt wird. «Wie ein Portal», findet Baumgartner und lächelt. «Sobald man hindurchtritt, fühlt man sofort: Hier herrscht eine andere Stimmung, eine andere Energie.» Baumgartner hegt die Vermutung, dass es sich bei der Lichtung um einen Ritualplatz alter Völker, etwa der Kelten, gehandelt haben könnte.
«Im Schamanismus heisst es: Für jedes Problem findet man die Lösung in der Natur.» Das unterstützt Agatha Baumgartner mit ganzem Herzen. Wenn sie über ein Problem ins Grübeln kommt, oder nicht weiss, wie es weitergehen soll, sucht sie Rat im Wald. Dort tankt sie Kraft, lässt ihre Gedanken wandern und findet Inspiration im Wunderwerk Natur. «Nach einem Besuch im Wald ist mein Kopf klarer, und ich bin immer schlauer als vorher», meint sie und lacht.
Herzlichst Agatha Natur-Coach
Dipl. Stress- und Achtsamkeit Trainerin