Zwei an einem Tag – Natur, Mythen und Musik rund um den Bözberg und die Linner Linde
Letzte Woche durften gleich zwei naturbegeisterte Gruppen unvergessliche Erlebnisse in der eindrucksvollen Landschaft rund um den Bözberg geniessen. Der Tag begann mit einer faszinierenden Kraftbaumwanderung durch die vielfältige Natur bei Linn.
Die Teilnehmenden erhielten spannende Einblicke in die Flora und Fauna der Region, lernten die artenreiche Pflanzenwelt kennen und lauschten mythischen Erzählungen sowie überliefertem Brauchtum rund um die Bäume. Im Mittelpunkt der Wanderung standen ausgewählte Kraftbäume, denen bereits unsere keltischen und germanischen Vorfahren eine besondere Bedeutung zuschrieben.
Die Wanderung widmete sich unter anderem dem traditionellen Wissen rund um die Buche, die als Baum der Klarheit gilt, der Eiche, Symbol für Stärke und Beständigkeit, und der Esche, die als Weltenbaum in alten Mythen verankert ist.
Ein Tag voller Naturwissen, Mystik und tief verwurzeltem Brauchtum – ein bereicherndes Erlebnis für alle Teilnehmenden.
Am Nachmittag folgte ein weiteres Highlight: Eine zweite Besuchergruppe machte sich von Thalheim her auf den Weg zur legendären Linner Linde. Sie genossen einen reichhaltigen Apero Rich und wurden musikalisch von einem Alphornbläser unterhalten.
Im Rahmen einer informativen Führung tauchten die Gäste in die Entstehungsgeschichte der über 800-jährigen Lady ein und erfuhren zahlreiche spannende Details über diesen bedeutenden Natur- und Kulturort.
Das Alter der Linde wird auf 600 bis 800 Jahren geschätzt. Die Meinungen, das Alter des Baumes betreffend, gehen weit auseinander.
Die „Linner Linde“ gehört wegen ihrer Gesamterscheinung zu den beeindruckendsten Bäumen Europas. Der europäische Fernwanderweg Pyrénées–Jura–Balaton führt hier vorbei – der Baum könnte früher als Wegweiser für Wanderer und Pilger gedient haben. In der Schweiz nannte man solche Bäume „Markbäume“.
Überliefert ist die Sage, dass der heilige Gallus, ein irischer Missionar, bereits im 6. Jahrhundert unter der Linde ausruhte oder sie sogar gepflanzt hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass Gallus an diesem exponierten Ort tatsächlich eine Linde pflanzte, ist gross, denn die Linde galt als Symbol des Christentums und wurde deshalb überall verbreitet. Vermutlich lebte diese Linde oder eine Nachfolgerin noch 1307, als das Dorf erstmals in einer Urkunde als „in dem dorf ze Lind“ bezeichnet wurde.
Wir hier auf dem Bözberg lieben allerdings eine andere Entstehungsgeschichte der Linde.
Als in Europa eine der schlimmsten Pestepidemien wütete, kam die todbringende Krankheit 1348/49 auch nach Linn. Die wenigen Überlebenden begruben die Toten ausserhalb des Dorfes. Nach dem Volksglauben war es die Linde, die Krankheiten fernhielt und so das Land vor weiterem Unheil schützen sollte.
In Pestlinden, so glaubte man, könne die Pest gebannt werden.
Als weiteres Pflanzdatum käme das Jahr 1415 infrage, als die habsburgische Macht endete und die neuen Herren aus Bern eintrafen. Die „Linner Linde“ scheint mit der zwei Kilometer Luftlinie entfernten Habsburg in Verbindung zu stehen. So besagt ein alter Orakelspruch: „Leit d’Linde-n-ihr’s Chöpfli ûfs Ruedelis Hûs, se-n-isch’s mit alli Welten ûs.“
Was bedeutet: Spätestens, wenn die Linde so gross ist, dass sie ihren Schatten auf die Habsburg wirft, dann ist die Zeit der österreichischen Macht vorüber.
Der Mathematiker Karl Matter berechnete, dass zweimal im Jahr tatsächlich der Schatten auf die gegenüberliegende Talseite geworfen wird. Es ist ein Wunder, dass die Linde überhaupt so gross werden konnte.
Erstmals in Gefahr war sie 1586, als sie gefällt werden sollte, weil unter ihr, so erzählte man sich, eine Hexe namens Anna Meier mit dem Teufel in Verbindung getreten sein soll. Die als Hexe bezeichnete Frau wurde aus dem Land verwiesen und die Linde glücklicherweise stehen gelassen.
Es ist durchaus möglich, dass eine Linde an einem idealen Standort über drei Zentimeter pro Jahr im Umfang zunimmt. Dass sie jedoch diese Wachstumszunahme halten konnte, obschon sie zwischenzeitlich immer wieder stark beschädigt wurde, ist zu bezweifeln.
So wurde sie 1863 durch einen Brand massiv beschädigt. Danach war ein Stammdurchgang entstanden, weshalb man, um den hohlen Stamm wieder zu füllen, gedankenlos eine andere Linde in den Hohlraum pflanzte. Es war fast schon ein Glück, dass der konkurrierende Jungbaum 1908 bei einem Lagerfeuer Jugendlicher abbrannte.
Allerdings stand auch diesmal die alte Linde wieder lichterloh in Flammen, konnte aber von der Feuerwehr rechtzeitig gelöscht werden. Der Grossteil der Krone war beschädigt, und mit Drahtseilen und Betonplombierungen versuchte man, das Leben des Baumes zu erhalten.
Die Firma „Tilia Baumpflege“ entfernte 1979 die veralteten Sanierungsmethoden, die mehr geschadet als genützt haben. Kurz danach brannte die Linde am 2.7.1979 aber wieder. Es wird erzählt, dass die Feuerwehr von Linn / Gallenkirch bei den Sanierungsarbeiten beteiligt war und nach getaner Arbeit im Restaurant „zur Linde“ in Linn gemütlich zusammen sass. Ihr Feuerwehrauto war noch unter der Linde geparkt. Der Brand wurde vom Tal aus entdeckt und die Feuerwehr von Brugg kam angefahren und hatte den Brand gelöscht, während die hiesige Feuerwehr in der Linde verweilte.
Herzlichst Agatha Natur-Coach
Dipl. Stress- und Achtsamkeit Trainerin




