Die Buche – Die grüne Kathedrale des Waldes
Klarheit ist keine Frage der Form, sondern der Liebe. (Leo Tolstoi)
Wenn Du im zeitigen Frühling oder an einem sonnigen Herbsttag durch einen Buchenwald spazierst, verstehst Du sicherlich, warum diese Wälder bei unseren keltischen Vorfahren einst als grüne Kathedralen dienten. Sie wurden als heilige Kultstätten verehrt, was auch der katholischen Kirche nicht verborgen blieb.
Im Mittelalter versuchten ihre Missionare daher immer wieder, heidnische Ahnen aus dem Wald in ihre steinernen Gotteshäuser zu locken.
Doch meist scheiterten sie und so versuchte man den Bau neuer Kathedralen nach dem Vorbild der Natur zu gestalten. Insbesondere die gotischen Kirchenschiffe des 12. Jahrhunderts erinnerten mit ihren hohen Säulen, den verzweigten Gewölben und ihren grossen Glasfenstern an die grünen Hallen der Buchenwälder.
In Beromünster schliesst sich der Kreis! Raus aus der Kathedrale und Meditation in die Natur! So wie einst alles begann…….
1790 wurde der Stiftsbaumeister Purtschert von Beromünster mit der Planung eines Meditations- und Spazierweges beauftragt. Grund dafür war, dass die Stiftsherren aus den patristischen Familien in freier Natur „Recreation“ haben konnten. Vorbild für das ehrgeizige Unterfangen war eine Kathedrale. 94 Rosskastanien sollten gepflanzt und 3500 «Haagenbuochli» als Hecken gesetzt werden, wie eine Infotafel verrät. Der Grundriss der Waldkathedrale erinnert an eine Basilika.
Die Baumreihen bilden den Umriss einer Kirche mit Mittel-, Seitenschiff und Chor. Man betritt also eine Kirche. Nicht eine im herkömmlichen Sinn aus Marmor und Steinen, sondern aus Bäumen mit Rosskastanien-Pfeilern. Die Baumkronen bilden himmelwärts das Dach. Etwa ein Viertel der damals gepflanzten Rosskastanien sind noch da, kräftige Buchen sind z.T. an ihrer Stelle nachgewachsen. Ein Baum-Chor bildet den nordseitigen Abschluss.
Allerdings ging den Verantwortlichen schon bald nach Erstellung des ehrgeizigen Projektes das Geld aus. So dass die Bäume und Hecken der 140 Meter langen «Kathedrale» ab 1838 nicht mehr regelmässig geschnitten und gestutzt wurden. Und sich die Natur ihren Raum nach und nach (zurück-)eroberte.
Glücklicherweise wurde die Waldkathedrale von den heutigen Verantwortlichen – weiterhin der Chorherrenstift von Beromünster und gleichzeitig Besitzer – nach und nach wieder instand gestellt. So, wie sie vor weit über 200 Jahren erschaffen worden war. Zusätzlich wurden Bäume neu gepflanzt, Ruhebänke platziert und Aussichtsterrassen geschaffen. Heute können sich Jung und Alt an dieser «himmlischen» Anlage erfreuen. Denn sie steht allen zum Auftanken und Abtauchen offen – an 365 Tagen im Jahr.
Wundersamerweise wirkt das «Wäldli» so natürlich, dass sich niemand den Aufwand zur Schaffung dieses natürlichen Kunstwerkes vorstellen kann. Immerhin mussten im damaligen Schlössliwald Gesteinsbrocken gesprengt, Bäume gefällt und Erde abgetragen werden. So lange, bis die Hügelkuppe in der jetzigen Form eingeebnet war. Längst steht die barocke Parkanlage unter Denkmalschutz und gehört zu den landesweit bedeutendsten Denkmälern der Gartenkunst überhaupt.
Herzlichst Agatha
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